Sachen

Sachen

Hauptsachen, Nebensachen.
Lene vergisst die Nebensachen,
die rot glühende Herdplatte,
das Unkraut im Garten,
den Knopf am Heißwasserboiler,
den beschädigten Balken im Keller.
Widerwärtige Welt,
hinterhältige Sachen
mit lauter losen Fäden,
und Dieben, die daran ziehen
und in den Keller einsteigen und ins Dach.
Diebe, die lautlos kommen,
die einfach Sachen machen,
Balken beschädigen.
Pfannen lösen.
Nachts holt Lene den Vater.
Das ist doch keine Sache für dich.
Der ist hochgeschreckt, hat Lene erkannt,
die Kleidung übergeworfen,
ist ihr nach nebenan gefolgt.
Nachts um zwei Uhr.
Und da ist nichts,
außer dem beschädigten Balken
und Lene und der Angst.
Solche Sachen eben.
Lenes Nebensachen werden Hauptsachen.
Nichts, sagt der Vater, da war nichts,
tippt sich an die Stirn: Hauptsache oben Licht
Die Mutter nickt.

Aus:
Monika Littau: Manchmal oben Licht. Ein Elternabschied in VII Stationen, edition offenes feld
2021.

Monika Littau, geb. 1955 in Dorsten, studierte Germanistik, Geographie und Musikwissenschaft in Bochum und Münster. Sie war in Forschung, Bildung, Kultur-/Literaturförderung tätig, zuletzt im Kulturministerium NRW. Seit 2007 arbeitet sie ausschließlich als freie Autorin und Herausgeberin.
Bislang liegen von ihr mehr als 20 Einzelveröffentlichungen vor. Zuletzt erschienen 2019 „Von der Rückseite des Mondes“, chinesische Prosaminiaturen, 2020 der Roman „Buchela – Pythia von Bonn“ im Rhein-Mosel-Verlag, 2021 der Band „Manchmal oben Licht. Ein Elternabschied in sieben Stationen“, in dem es um das Thema Demenz, Alter und Tod geht. Ein „Lesebuch Monika Littau“, veröffentlicht 2022, gibt mittlerweile einen Überblick über ihre literarische Arbeit.
Monika Littau erhielt für ihre Arbeiten eine Reihe Auszeichnungen und Stipendien. Sie ist Förderpreisträgerin des Landes Nordrhein-Westfalen, wurde zweimal in Berlin mit dem Preis für politische Lyrik ausgezeichnet und durch Stipendien des Landes und der Kunststiftung NRW unterstützt. Sie war Dorfschreiberin in Eisenbach und Poet in Residence in Qingdao/China, Gast in internationalen SchriftstellerInnen-Zentren in Griechenland, Lettland, Dänemark. 2021 erhielt sie den Bonner Literaturpreis.
Monika Littau

Die Text- und Bildrechte dieses Beitrags liegen bei Monika Littau.

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