Brief an ein Totgeborenes

Brief an ein Totgeborenes

Ich durfte dir kein Vater sein. Einmal nur, dass ich dich im Arm hielt; dein toter Körper ertrug es scheußlich stumm. Mit zittrigen Fingern strich ich dir über Wange, Stirn, Nasenspitze und flüsterte deinen Namen, den du nicht kanntest. Du hörtest mich nicht; zu tief war dein Schlaf, aus dessen Schatten du nicht treten konntest. Nie tatst du den Schrei, der die Stille zerriss, die uns zur Ewigkeit geriet. Ich wollte dir einen Kuss geben, doch ich wagte es nicht, wog dich bloß stumm im Arm und weinte. Du sollst wissen: nicht mit Wasser wurdest du getauft, mein Kind, sondern mit Tränen.

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