Ich habe die Katze im Verdacht. Die hinkende schwarze Katze, die kurz nachdem wir das Haus bezogen hatten, immerzu durch den Garten schlich und ums Haus. Zunächst habe ich mir nichts dabei gedacht. Auch keine Veränderungen festgestellt. Aber wenn ich jetzt darüber nachdenke, häufen sich die Indizien, dass es damals begonnen hat, dass immer mehr meiner Geduld, zunächst unbemerkt, verschwand. Ich frage mich, was sie damit anfängt, die Katze, mit den Unmengen an Geduld, die sie mir nach und nach entwendet hat. Ob sie jetzt glücklicher ist, erfolgreicher, ausgeglichener? Oder ebenso auf der Suche nach einem verlorenen Gleichgewicht wie ich?
Am 20. Februar 2023 saßen wir zusammen und sprachen über Literatur, Lyrik, über das Schreiben. Ein Kollege erzählte, er habe es sich zur Pflicht gemacht, jeden Tag einen Text mit einer bestimmten Silbenanzahl zu schreiben. Als Konzentrationsübung, als Möglichkeit, sich zu sammeln. Ich erinnerte mich an meine 100 Wort Texte, und der Gedanke ließ mich nicht mehr los. Ich will wieder so eine Reihe mit 100 Worten schreiben, dachte ich mir. Nur für mich dieses Mal und ohne großen literarischen Anspruch. Aber vielleicht mit der Möglichkeit, mich selbst etwas besser kennenzulernen. Was lag da näher als Befindlichkeiten? Also sammelte ich in den nächsten Tagen Befindlichkeiten, fragte hier und dort andere danach, bis ich ein kleines Wörterbuch der Befindlichkeiten hatte.
Elke Engelhardt lebt als Verwaltungsangestellte und Dichterin in Bielefeld. Sie machte eine Ausbildung zur Fremdsprachenkorrespondentin, holte ihr Abitur auf dem zweiten Bildungsweg nach und studierte Soziologie. Statt zu promovieren wurde sie Mutter.
Rezensionen beim Onlineportal Fixpoetry. Seit 2018 Workshops. Sie ist Mitglied der lyrikperformance Gruppe lichtstreu.
Ihr erster Gedichtband „Bis der Schnee Gewicht hat“ erschien 2015 im Pop Verlag in Ludwigsburg. 2020 erschien „Sansibar oder andere gebrochene Versprechen“ beim Elif Verlag, Nettetal. Dort ist im Herbst 2023 der dritte Band „Einhundert sehr kurze Gespräche“ erschienen.
2025 erschien in der Anthologie „Die Backstage eines Buches“ ihr Text „Lücken und Leerstellen“ über die Entstehung des Zyklus „Sansibar oder andere gebrochene Versprechen“
Die Textrechte dieses Beitrags liegen bei Elke Engelhardt, die Bildrechte bei Doris Lipp.