Recht-Los

Recht-Los

Es war ein Moment innerer Klarheit, der ihn aus seinen Gedanken riss. Firnberg erschrak. Er sah auf, zum Fenster hin, spürte das Gewicht des Buchs, das er in Händen hielt. Der Gesetzestext, so schien es, wog ihm schwerer als sonst. Thomas Firnberg, Anwalt, Bürger, braver Mann, Berater des Ausschusses für innere Angelegenheiten, hielt inne. Was, fragte er sich, hatte er eben gedacht? Er räusperte sich, schluckte, fühlte eine Unruhe in sich, die er nicht einzuordnen wusste. Er stand auf, ging zum Fenster, verschränkte die Arme hinter dem Rücken. Ihm war, und dieses Gefühl verstärkte sich, je länger er darüber nachdachte, als hätte ihn eine Einsicht bezwungen, die sich der Logik entzog. Und die doch seltsam stimmig war. Firnberg schüttelte den Kopf, wandte sich um, ging zum Schreibtisch, setzte sich. Zwischen den Paragrafen des Fremdenrechts, dachte er, hatte nur Platz, was dem kalten Blick des Verstandes standhielt. Einsicht! höhnte er, stieß das Wort grob in den Raum. Derlei Unfug hatte im Kodex nichts verloren. Thomas Firnberg also senkte den Blick, ging seiner Arbeit weiter nach. Die Gleichgültigkeit, mit der er dies tat, verstörte ihn, wohl eine ganze Stunde lang.

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