Geboren wurde ich als Amöbe, strampelte
auf Scheinfüssen ein paar Millionen Jahre
durch die Meere des Kambriums,
schlug dann mit Flossen,
kroch, schlich, humpelte
eine halbe Milliarde Jahre später ins Holozän,
überlebte Meteoritenhagel, Eiszeiten und Napoleon.
Mein Bruder wurde Haifisch,
schnappt nach Beinen und Gedärm.
Ich wurde Lehrer und
korrigiere Aufsätze.
Aus:
Karl-Gustav Ruch: Das letzte Fenster. Hockebooks, München (2018)
Karl-Gustav Ruch, geboren 1954 in Zürich, lebt seit 1990 in Barcelona. Er arbeitete als Deutsch- und Musiklehrer und ist derzeit als freier Autor tätig. Ab 1987 erste Veröffentlichungen von Kurzgeschichten und Essays in literarischen Zeitschriften. 2004 erschien sein Erzählband Talgo Pendular (Eremiten-Presse), 2011 Hinter der Wand – Geschichten zwischen Zürich und Barcelona (edition 8) und 2017 Das letzte Fenster (hockebooks).
Mit der Erzählung Hinter der Wand wurde er 2009 für den Ingeborg-Bachmann-Preis nominiert.
Karl-Gustav Ruch
Die Textrechte dieses Beitrags liegen beim Verlag, die Bildrechte bei Maite Cruz.
Maite Cruz ist freiberufliche Fotografin und lebt in Barcelona (maitec00@hotmail.com).