Der Effekt des Wassers

Aus dem Alltag

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Man glaubt es ja nicht, was bei einem Haus alles hin werden kann. So klein kann es gar nicht sein, dass du binnen des ersten Jahres nicht mindestens fünfzehn verschiedene Defekte aufgerissen hast. Da reicht die Palette von der hinichen Außensirene der Alarmanlage über ein listig vom Marder durchgebissenes Kabel von der Solaranlage bis zur nur leidlich funktionierenden SAT-Anlage, die dir garantiert in der sechsundachtzigsten Minute von Brasilien gegen Belgien die nüchternen zwei Worte auf den Bildschirm liefert, die du jetzt aber so gar nicht brauchen kannst: Kein Signal.

Aber seit der Marcus Hand an unsere SAT-Schüssel gelegt hat, funktioniert das mit dem Fernschauen eh viel besser als früher. Der Marcus ja mein anderer Chef, der, der nicht gekündigt hat, und der Marcus auch in technischen Dingen eins a, da gibt’s gar nix. Und da muss ich schon sagen: hab ich schon Glück gehabt mit den Vorgesetzten, weil oft kommt das nicht vor, dass dein Chef meint, die Suderei hör ich mir jetzt nicht länger an, ich komm zu dir nach Hause und reparier das.

Und seither können wir auch tatsächlich schauen, was und wann wir wollen, da sind wir jetzt nimmer auf das Wohlwollen der großen, launischen SAT-Anlagengottheit angewiesen. Nur bei Sturzregen halt dann doch kein Signal, das ist ein bisserl so ein reverses Regenbogenprogramm, wer’s noch kennt von früher. Nur, dass es diesmal eben nix zu sehen gibt, wenn’s wirklich schiach ist. Das meiste nehmen wir aber ohnehin auf, weil um viertel neun siehst du ja nur die Helene Fischer oder das Sommerfest der Volksmusik oder gar einen neuen Film von der Rosamunde Pilcher, aber garantiert keinen mit originellen Dialogen oder einem nicht vorhersehbaren Ende, ja da lass ich mir doch eher eine Harnröhrenspülung machen, als mir das anzusehen. Die interessanten Filme muss man folglich aufnehmen, da führt kein Weg vorbei, wenn man berufstätig ist und nicht an Insomnie leidet, die senden sie ja immer zu einer Zeit, wo normalerweise nur Schichtarbeiter, Drogenhändler und Niederösterreicher, die Menschen in ihrem Keller versteckt haben, wach sind. Und einer von denen hieß ‚Der Effekt des Wassers‘ und als wir uns den dann angeschaut haben, ist etwas ganz Erstaunliches passiert.
Das glaubst du mir jetzt wahrscheinlich wirklich nicht.

Der Film so eine französisch-isländische Produktion, sowas läuft für gewöhnlich nur auf ARTE, und ganz ehrlich: er ist ja stellenweise ganz witzig, aber gesehen haben muss man ihn nicht, da kann man in der Zeit auch was Sinnvolleres machen, wie Hemden bügeln oder die Zehennägel schneiden zum Beispiel. Die Handlung auch nicht so, dass du sagst, viel gefehlt hat nimmer zum Herzkasperl, weil es geht um eine Schwimmlehrerin irgendwo im Süden von Frankreich und da ist das Spannungspotential schon recht überschaubar. Wir schauen halt tapfer, vielleicht passiert ja doch noch was, derweil draußen wieder ein Platzregen, dass du glaubst, gleich schwemmt’s den Wolfersberg weg. Wolfersberg aber eh aus solidem Gestein und Regen uns auch wurscht, weil ob jetzt Signal oder nicht, wen juckt’s, wir schauen ja eh grad was Aufgenommenes. Und dann die fesselnde Szene, wo grad Badeschluss ist im städtischen Hallenbad und der wird verkündet durch das ein wenig nervig wirkende Läuten einer Glocke. In der nächsten Szene siehst du dann, wie die beiden Hauptpersonen schon draußen stehen, vor dem Gebäude, und dann dauert es noch so vier, fünf Sekunden und du fragst dich: warum läutet die Glocke immer noch?

Weil ob ihr es glaubt oder nicht: was da jetzt noch gebimmelt hat, war unsere eigene Türglocke, aber vor der Tür nur der Regen, der wollt‘ halt ins Haus, weil draußen war’s ihm wahrscheinlich zu nass, ich kann’s ja verstehen. Da mag der Fachmann hundert Mal sagen: Feuchtigkeitsschluss, eh klar. Aber dass das passiert, während du den Film ‚Der Effekt des Wassers‘ schaust und dass deine Türglocke genauso klingt wie die in einem Hallenbad in der südfranzösischen Provinz, das ist dann doch ein wenig merkwürdig.
Bloß, was uns das sagen soll, also null Idee. Ein Hallenbad am Wolfersberg werden wir jedenfalls nicht eröffnen.

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