Ithaka

Aus dem Alltag

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Mein lieber Sohn. Gestern erst, dass ich Deinen Brief bekam. Jenen Brief, den Du im Lager schriebst, vor zwei Monaten und drei Tagen. Er hat, scheint mir, eine lange Reise hinter sich; so wie Du, mein Sohn. Dieser verdammte Krieg. So Vieles, das er uns genommen hat, doch Du weißt: er ist uns nicht einfach passiert. Von Schuld und Verantwortung aber – Du hast es ja erfahren – wollen wir nichts wissen; am wenigsten jene, die ihn am besten kannten, am wackersten beschritten: den rechten Weg. Das Richtige tun. Das Notwendige. Wer diese Phrasen drischt, der kennt nicht das Falsche; er wähnt sich bloß auf der sicheren Seite. Blinde sind wir, die durch die Welt stolpern und jedem, der uns Halt verspricht, blind folgen. Nur die Dümmsten unter uns glauben, dass sie sehen könnten. Nur die Klügsten wissen um das Licht, das sich hinter der Dunkelheit verbirgt.
Du fehlst mir, mein Sohn. So sehr, dass ich mich kaum getraue, es niederzuschreiben. Doch ich weiß: Du wirst nach Hause kommen, bald schon! Und diesen Brief, den ich Dir nicht schicken kann, wirst Du in Deinem Zimmer finden. Mag die Welt auch eine andere geworden sein, magst Du ein anderer geworden sein, Dein Zimmer hat sich nicht verändert. Es soll Dir ein Anker für Deine Zukunft sein.

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