Sonntagmittag

Aus dem Alltag

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Vor dem Fenster die Schwalben, auf der Stromleitung, die den Weg noch nicht gefunden hatte in den Untergrund. Im Zimmer am Boden der Knirps. Den schweren Schrank hinter sich, den Schrank mit den Büchern, dem Hochzeitsfoto der Eltern, dem Firmungsbild des Bruders. Den Schrank mit dem Gipsabdruck der eigenen Kinderhand und den schönen Gläsern, die nie benutzt wurden. Auf dem Spannteppich die Bauklötze, grün, blau, rot, gelb, in kindlicher Ordnung zu kleinen Stößen geschichtet.

Der Knirps also. Achtsam stapelt er Bausteine, formt sie zu Türmen und Mauern und Toren. Vertraut darauf, bedingungslos, dass nichts das Werk zerstören wird, weil nichts ist außer Gegenwart. Er baut besonnen. Sieht die Fliege, die am Fensterbrett sitzt, die Schatten, die das Licht auf den Fußboden zaubert, hört von der Küche her das Brodeln kochenden Wassers, das Scheppern der Töpfe und das Lied, das die Mutter singt mit hoher Stimme.

Dort der Vater, der ins Zimmer tritt. Den Knirps vom Boden hebt, ihn in die Arme nimmt, hoch und höher schiebt, bis unter die Zimmerdecke, ganz nah an den Rand der Welt. Ihn dann auf die Füße stellt, die kleinen auf die eigenen. Die Hände des Sohnes hält, das Gewicht spürt, das den Zehen keine Last ist. Zu tanzen beginnt. Ein Schritt zurück erst, ein nächster, eine Drehung. Nie wird der Knirps, der nichts sagt, nur lacht, nur schaut und lacht, diesen Augenblick vergessen.
Wie alt, wird er sich später fragen, war er zu jener Zeit?

Wie alt sind die Engel, wenn sie fliegen lernen?

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