Tanzkurs mit Folgen

Aus dem Alltag

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Wer einen Tanzkurs für Singles besucht, sollte eigentlich nicht überrascht sein, wenn er sich eines Tages in einem Paarkurs wiederfindet. Würde man meinen. Aber mit mir und der Partnersuche war das ja immer ein bisserl so wie mit den Briten und dem Brexit. Man hat zwar eine vage Vorstellung von dem, wo man hin will, irrlichtert aber weitgehend planlos durch die Szenerie. Und so bin ich halt auch mit dem durchaus fragwürdigen Vorsatz in den Tanzkurs gegangen, dort auch … tanzen zu lernen.
Das hat mir natürlich keiner geglaubt.

Aber wider Erwarten war ich gar nicht unbegabt, das hat mich dann selbst ein wenig überrascht. Ich mein‘, natürlich ist da kein John Travolta aus mir geworden, aber für den Grundkurs und die nächsten paar Semester hat’s schon gereicht und Scientology ist mir auch erspart geblieben. Und dass Männer in einem Tanzkurs ungefähr so rar sind wie Ziegen in einem Löwengehege sollte man auch nicht unterschätzen. Weil das Mannsvolk findest du eher beim Preisschnapsen oder beim Baumstammweitwerfen, aber zum Tanzen gehen nicht arg viele. Da steigt der sexuelle Marktwert schon, wenn du es schaffst, ein Bein neben das andere zu setzen, ohne dass du gleich einen Leistenbruch oder einen Meniskuseinriss hast.

Ja, und so hab ich zwischen Cha-Cha-Cha und Langsamem Walzer die Doris kennengelernt. Da haben Tango, Rumba und Quickstep gleich noch mehr Spaß gemacht. Nur der Paso Doble ist mir immer noch auf die Nerven gegangen, aber wahrscheinlich lag das an mir, weil ich das Konzept von dem Tanz nie wirklich verstanden hab. Ist aber schon ein wenig eigen auch, einen Tanz wie einen Stierkampf anzulegen, wo man doch weiß, dass das grundsätzlich nicht gut ausgeht.

Nun gehört zum Balzritual natürlich auch, dass man nach dem Kurs gemeinsam irgendwo hingeht und da wählen nur die Verwegensten das ‚Orient‘ für das erste Date. Da hab ich mich dann doch für die konservativere Variante entschieden, soll heißen diesen ganz entzückenden Italiener in der Innenstadt, wo die Antipasti ein Gedicht und die offenen Weine richtig trinkbar sind und die Belegschaft tatsächlich aus Italien kommt. Weil wenn das Umfeld passt, das Essen stimmt und vielleicht auch noch die Sterne günstig stehen, dann lernt man sich halt einfach besser kennen.
Und das hat ja auch ganz gut funktioniert. Fürs erste.

Bis ich dann diese Olive gegessen habe. Wobei an der Olive eigentlich nichts auszusetzen war, beim Essen kennen sich die Italiener ja aus. Ich hab mich auch nicht am Stein verschluckt, weil einen Luftröhrenschnitt beim ersten Rendezvous brauchst du ungefähr so dringend wie eine Kuh eine Magenspülung. Aber das Öl, das hab ich unterschätzt.
Weil akkurat als ich wieder was sagen will – es wird schon irgendwas Wichtiges gewesen sein –, da merk ich, dass die Olive eine Spur zu ölig war und meine Aussprache grad eine Nuance zu feucht. Keine vorteilhafte Kombination. Und besser hätt‘ der Robin Hood auch nicht zielen können, weil der ölige Speicheltropfen – eh so klein, dass nicht einmal eine Laus drin hätt‘ ersaufen können – fliegt der doch der Doris direkt ins linke Aug.
Es ist zum Haareraufen.

Was machst du jetzt in so einer Situation? Ignorierst du das einfach, wechselst das Thema und sprichst über die Artenvielfalt am Oberlauf des Orinoco? Oder fragst du höflich, ob es angebracht erscheint – schon rein aus Gründen der Symmetrie – auch aufs andere Auge zu zielen? Viel gewinnen kannst du da nicht.
Die Doris aber eh bemerkenswert locker und weggelaufen ist sie auch noch nicht. Nur sehen tut sie grad nicht so gut und das liegt nicht nur an den Tränen, die sie lacht, sondern vor allem an dem ölinduzierten Regenbogen, der sich in ihrem linken Auge ausgebreitet hat.
Und während wir gemeinsam lachen, wird mir klar, dass sich mein Leben bald grundlegend ändern wird.

Zugegeben: das erste Date hätte friktionsfreier verlaufen können. Aber Hand aufs Herz: wünscht sich nicht jede Frau einen Mann, der ein wenig Farbe in ihr Leben bringt?

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