Sorglos

Aus dem Alltag

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Auf der Terrasse sitzen, am Tisch, auf dem schon unser Abendessen wartet. Das frisch geschnittene Baguette, der Schafkäse. Die schwarzen Oliven und die grünen. Die eingelegten Artischocken, die in der grauen Schüssel liegen und die halbierten Radieschen. Die Paradeiser, die sich an den Mozzarella schmiegen und im Olivenöl baden, das man literweise trinken möchte. Basilikum und Thymian darüber, die eben noch im Kräutergarten dösten und sich nun auf dem Teller wiederfinden. Die nackten Füße unter dem Tisch ausstrecken, die Natursteinplatten spüren, die noch warm sind von einem sonnenhellen Tag. Das frisch geschnittene Gras riechen und die Wespen summen hören, die sich auf der Trompetenwinde tummeln.
Keinen Gedanken verschwenden an Corona. Nicht hier, nicht jetzt.

Den Gemischten Satz vom Klein einschenken in die Gläser aus dem griechischen Minimarkt. Anstoßen, zuprosten, einen kräftigen Schluck nehmen. Schmecken, wie er über die Zunge rinnt, die Säure spüren und die Frucht. Den Tag loben und zufrieden sein. Sich aufs Essen freuen und den Sonntag, der kommen wird. Der Montag ist fern, er geht uns noch nichts an.

Grillen zirpen in den Spindelsträuchern, eine Amsel landet im Gras, wo sie nach Würmern und Insekten sucht. Eine Ameise krabbelt neben dem Baguette und flieht in einen Spalt, bevor ich sie vom Tisch schnippen kann. Der Duft des Basilikums haftet an meinen Fingern wie Moos an einem feuchten Stein.

Die Zeit vergehen lassen und sie nicht drängen dabei. Das Essen genießen, den Wein, die Gegenwart des anderen. Nirgends sonst sein wollen, um keinen Preis. Das Brot in handliche Stücke reißen und das Olivenöl auftunken und die Kräuter. Den letzten Mozzarella vom Teller fischen und sich schwören: das essen wir bald wieder. Auf die Gläser schauen, die leer sind. Aufstehen, ins Haus gehen, den Kühlschrank öffnen.
Die Flasche mitnehmen und nicht mehr zurückbringen.

Mit den Nachbarn, die herübergrüßen, ein paar freundliche Worte wechseln. Miteinander lachen, bevor sie ihr Abendessen lockt oder ein halb gelesenes Buch. Auf die Gläser schauen, die schon wieder leer sind, man wundert sich, wie schnell das ging. Nach der Flasche greifen, die neben dem Brotkorb steht und ein letztes Mal nachschenken. Sich zurücklehnen und die Hummel beobachten, die gleich ihr Tagwerk beenden wird. Dinge erzählen, die man nicht wusste voneinander, und Gedanken teilen, die reicher machen. Auch: miteinander schweigen.
Der Ameise zusehen, wie sie einen Brotkrümel wegschleppt.

Keinen Gedanken verschwenden an Corona. Nicht hier, nicht jetzt.

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