Áthos

Makedonien

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Zwanzig. Zweitausend. Null. Zwanzig Klöster trägt der Berg. Zweitausend Mönche. Keine Frauen. Ein Mythos, beinah: Άγιον Όρος.
Wer in die Republik der Mönche will, darf das Meer nicht scheuen, an der Landgrenze steht Stacheldraht, der Heilige Berg schätzt Distanz. Kein Besucherpass für uns, freilich; eine Bootstour soll uns reichen.

Wolkenlos, heiß der Tag, als sich das Schiff vom Kai löst, nach Südosten fährt. Am Oberdeck ein Kleinkind, das jauchzt; ein Mann, jung, athletisch, der den Arm um die Freundin legt; zwei alte Frauen, die schweigen, schauen, lächeln. Möwen kreischen, begleiten das Boot, ein Stück weit, bis sie abdrehen, außer Sicht geraten. Als ich den Kopf wende, ist da der Gipfel, zweitausend Meter hoch; noch liegt er in der Ferne.

Die Küste entlang also, in sittsamem Abstand, fünfhundert Meter gebietet das Recht. Zu sehen, eine Weile lang, bloß Hügel, Wald, kahler Fels. Eine Kirche dann, ein Landungsplatz. Noch eine Kirche, ein Strand. Das erste Kloster, schließlich. Im Boot wird geschaut, geredet, geknipst; das Kleinkind ist still, die zwei Alten auch, das junge Paar im Kuss versunken. Kloster folgt auf Kloster; so anders jedes, prachtvoll alle. Im Süden: der Gipfel; wir kommen ihm nah. Hinter Ágios Pávlos dann, an der Landspitze fast, dass wir halten. Möwen umkreisen das Boot, lautlos, beinah, im Moment. Ich blicke zur Küste, sehe das Boot, das sich vom Festland löst, auf uns zuhält, näherkommt. Ein Mann darauf; schwarzes Gewand, weißer Bart, ein Zylinder aus Filz. Stiller Aufruhr erfasst das Schiff, Bewegung kommt in die Menschen. Ich schaue zum Berg, so nah ist er jetzt, spüre den Zauber, den Reiz dieses Orts. Ein Blick zurück, zum Mönch, der den Arm hebt, Segen spendet; dann, dass er ein Seil wirft, andockt, an Bord kommt. Mit ihm: ein silbernes Kreuz, eine Ikone auch. Es ist still; ein Murmeln bloß noch, das man hört, und das Gekeife der Möwen. Wir schweigen, als wir uns einreihen in den Zug derer, die das Kreuz, die Ikone betrachten wollen, aus der Nähe. Viele sind es; viele auch, die lächeln, niemand, der drängt. Vor mir die junge Frau, die sich bückt, die Ikone küsst, sich dreimal bekreuzigt. Vom Berg her der Klang einer Glocke, kraftvoll, hell.

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