Beiträge aus Gastbeiträge Kategorie
Ein Wintermorgen ohne Titel

Ein Wintermorgen ohne Titel

Der Himmel ist blau
wie Rabenflügel.
Sie sind blau.

Wie das blaue Gewand,
das Hrafnkell trug,
als er hinausritt, Einar zu suchen,
mit einer gut geschärften Axt
unter dem Hemd.

Amseln zwitschern
Stecknadelstiche in die Stille,
die hochweht
vom gleichmäßig gefallenen Schnee.

Auf der Stadt liegen
sechzehntausend Lichtjahre Schnee.

Die Amseln sitzen
in den Hufeisenspuren der Hengste.
Haben wieder einmal vergessen,
dass es Raben gibt.

Vielleicht liegt es an der Schlaflosigkeit.
Ich habe die ganze Nacht wach gelegen.
Und habe keine Ahnung,
warum.

Der Austragungsort der Ängste
liegt in der Nacht, nicht weit entfernt
vom Körper dessen, der schläft.
Falls er schläft.

Blattlose Bäume klingen
wie Hufschlag.

Ich...

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Das Lächeln von Lesbos

Das Lächeln von Lesbos

Sie verstand meine Sprache nicht, ich verstand ihre nicht. Wir verständigten uns über Gesten und Fingerzeige. Zum Abschied: ein Lächeln, das fünfzehn und zugleich dreitausend Jahre alt war. So begrüsst Nausikaa am Strand der Phäaken Odysseus: „Fremdling, du scheinst weder schlecht noch töricht.“

Noch unveröffentlicht.

Wolfram Malte Fues, geb. 1944. Lyrik u.a. in „konzepte“, DAS...

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Nur Wasser

Nur Wasser

Die Füße wirbeln den feinen Sand am Strand auf. Dann berühren die Zehen das Wasser und der Boden unter den Füßen ist fester. Es ist nur Wasser, denkt der Mensch am Strand, von hier bis wer weiß wo. Um die Erde herum. Wasser. Bevölkert von unbekannten Wesen. Dort, wo die Tiefe beginnt. Aber schon im...

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Mir träumte von Zikaden

Mir träumte von Zikaden

Im Dunkeln ist es mitunter sicher
die Sicherheit mitunter gefährlich
wie bei den Zikaden unter der Erde

Zikaden können nicht wählen, wo sie leben wollen,
aber wann, das bestimmen sie selbst

Im Mikrosystem der Erde wirken Dinge,
die der Mensch nicht kennt:
Wasser. Futter. Schlaf. Membran. Wurzel.
Noch verstecken sie sich, im Sommer werden sie...

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Im Zeitfenster: die Essenz eines Sommers (con amore)

Im Zeitfenster: die Essenz eines Sommers (con amore)

Was wir erben, weil wir an jenen, die an unserer Seite leben, wachsen, ist mehr als wir je für möglich halten würden, und vielleicht genügt es deshalb einem offenen Herzen nicht, wird im Versuch eines Miteinanders Gelesenes ab und an erwähnt oder werden ›ausgewählte Gedanken‹ – eigene und aus anderen Kontexten gelöste –, ›irgendwann‹ doch...

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