Ein plötzlicher Verlust

Aus dem Alltag

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Sätze, die man am Sonntagnachmittag keinesfalls hören will: Der Hamster liegt im Käfig und zuckt so komisch. Ich hab beim Einparken die alte Frau von der Dreier-Stiege übersehen. Du, der Laptop ist tot.
Hamster haben wir keinen und eine alte Frau auf der Dreier-Stiege auch nicht, weil unsere Wohnanlage hat ja nur zwei. Aber einen Laptop, den haben wir.
Hatten wir.

Die einzig angemessene Reaktion auf so eine Situation wäre ja, auf der Stelle zwölf professionelle Klageweiber zu engagieren, weil selber bringt man eh nicht viel mehr raus als: das ist jetzt aber nicht wahr, oder? Um anschließend in eine katatonische Schockstarre zu verfallen, die hat wahrscheinlich ein paar Stunden gedauert, weil auf einmal war es draußen finster. So wie der Bildschirm vom Laptop auch.

Jetzt war das Klumpert schon sieben Jahre alt, da sagt ein jeder ja was erwartest dir denn, so ein Computer hält halt nicht ewig. Ja sakra, das Kastl ist doch eh die meiste Zeit ausgeschaltet und was heißt da ewig? Ein bissl älter als ein großer Hund könnt‘ er schon werden. Meine Mutter kocht auch noch auf dem Herd, den sie sich 1978 gekauft hat. Schon klar, von ’smart home‘ kann da keine Rede sein und alle Platten funktionieren auch schon lang nimmer und das Zählwerk von der Uhr ist im späten zwanzigsten Jahrhundert für immer auf 15:45 stehen geblieben. Aber dass er sich gar nicht mehr rührt, das ist dem Herd seit vierzig Jahren nicht eingefallen, das ist wahrscheinlich mit seiner Ehre gar nicht vereinbar.
Wird ja heutzutage nur mehr billiges Klump erzeugt. Meiner Seel‘.

Ein kleines Drama ist so ein plötzlicher PC-Tod schon, auch wenn du ein ordentlicher Mensch bist und brav alle Daten gesichert hast. Der neue Computer will erst einmal gekauft und dann neu aufgesetzt werden, das lässt nur Profis und völlig Ahnungslose kalt. Nein, das ist nicht lustig, das kann schon häuslichen Zwist verursachen. Da tut ja jeder immer so, als ob das gar kein Problem wär‘, aber wahrscheinlich muss dann eh immer der Dreizehnjährige mit den dicken Brillen und den gravierenden Kontaktschwierigkeiten ran, so einen hat ja jeder größere Familienverband.
Blöd halt nur, dass wir grad keinen zur Hand haben. Die dicken Brillen hätt‘ ich zwar, aber leider auch ein technisches Verständnis wie ein altersschwacher Grottenmolch. Da nützt alles nix: da muss die Doris ran.

Von mir kommt natürlich jede Menge moralischer Unterstützung. Merkwürdig nur, dass das gar nicht so gut ankommt, wenn du dich interessiert erkundigst, wie’s denn vorangeht, während du ein Vollbad nimmst. Die knappe Antwort (‚Ich will jetzt nicht darüber sprechen.‘), gefolgt von stählernem Schweigen darf man nicht persönlich nehmen. Die Grenzen der Belastbarkeit des Ehelebens müssen zuweilen ausgelotet werden.

Vorstellbar ist es aber schon, dass so ein hinnicher PC zur Zerrüttung einer langjährigen Beziehung führt. Das darf man nicht unterschätzen. Zumal, wenn der eigene fachliche Input nur von marginaler Bedeutung ist, da hat der Pol Pot wahrscheinlich mehr zum Weltfrieden beigetragen als ich zur Installation von der ganzen Software auf dem neuen Dings.
Aber vielleicht ist der Pol Pot damals so ausgerastet und so fortschrittsfeindlich geworden, weil er vorher probiert hat, eine frühe Version von Microsoft zu installieren oder sowas in der Art.
Verstehen könnt‘ ich’s.

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